Bauplanverfahren

Warum sich mit dem Verfahren beschäftigen? Ganz allgemein ist es immer gut, die Welt zu verstehen. Konkret ermächtigt gutes Wissen zu besseren Handlungenentscheidungen. Mensch weiß, was auf einen zukommt und erkennt, wo Mitspracherechte bestehen und wo nicht. Zudem sind unsere Aktionen im Laufe der Jahre nur vollständig nachzuvollziehen, wenn man diese Hintergründe kennt.

Für die Insel war es z. B. relevant, da wir zu Beginn der Planungen 2011 durch die Stadt auf die späteren Beteiligungsmöglichkeiten verwiesen wurden, wobei wir jedoch wussten, dass die ersten Beschlüsse wegweisend sind und von daher die Diskussion des Anliegens später nicht mehr stattfinden konnte.

Die Beschreibung des Planverfahrens betrifft die Abläufe in Thüringen, sie basieren jedoch zu weiten Teilen auf dem Bundesbaugesetz. Die Links führen zu den jeweiligen den Inselplatz betreffenden Dokumenten.

Planzeichnung Sieger des stäftebaulichen Wettbewerbs 2017

Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten Bauten zu ermöglichen. Erstens ohne Bebauungsplan: Dabei ist die Gestaltung sehr frei, es sind allein die Flächennutzungspläne und die Dimensionen der umgebenden Bebauung zu beachten. Zweitens mit Bebauungsplan: Dieser beschreibt die Grenzen der Bebauung und legt fest, u. a.  wo Wege verlaufen, welche räumlichen Ausmaße, architektonischen Grundformen und welche Nutzungen möglich sind aber auch welche Pflanzen angepflanzt werden können. Der Bebauungsplan besteht aus der Planzeichnung, den sog. Festsetzungen, den dazugehörigen Begründungen sowie verschiedene umwelttechnische Gutachten. Ein solcher Plan ist nie nur objektiv und sachlich sondern enthält immer ideologische (paradigmatische) sowie politische Momente.

Ein Bebauungsplan wird in mehreren Schritten erarbeitet. Jeder Schritt muss jeweils vom Stadtrat beschlossen werden. Diese Beschlüsse formulieren den en Auftrag an die Verwaltung. Der konkrete Ablauf:

  1. Aufstellungsbeschluss: Der Stadtrat beauftragt die Verwaltung mit der Erarbeitung eines Bebauungsplan. Alle wesentlichen Ziele der Bebauung werden hier festgelegt. Eine Beanstandung der späteren Beschlüsse z. B. in Form eines Bürgerbegehrens oder eine Veränderung der Grundzüge der Bebauung sind dann nicht mehr möglich. Somit ist dieser Beschluss der wichtigste. Die Insel wusste 2011 um diesen Umstand. Die Stadt versuchte uns damals auf die späteren Beteiligungsmöglichkeiten zu verweisen und uns abzuwiegeln.
  2. Entwurfs- und Billigungsbeschluss: Der von der Verwaltung erarbeitete Entwurf wird dem Stadtrat vorgelegt. Dieser spricht seine Zustimmung (Billigung) aus. Mit diesem Beschluss beginnt das Beteiligungsverfahren. Der Entwurf (u.a. Planzeichnung, Festsetzungen, Begründungen) muss der Öffentlichkeit mindestens zwei Wochen offen liegen. Jeder Mensch und jede betroffene Institution sowie beteiligte Stadtämter können dann sog. Eingaben machen. Beachtet werden können jedoch nur solche, die im Rahmen der im Aufstellungsbeschluss formulierten Ziele liegen.
  3. Abwägungsbeschluss: Die gemachten Eingaben werden von der Verwaltung bewertet (abgewogen) und dem Stadtrat vorgelegt. Die Abwägung kann keine grundsätzlichen Änderungen enthalten, es sei denn es gibt Widersprüche zu geltendem Recht oder z. B. den geologischen Bedingungen. Die Deutungsmacht der Verwaltung kommt hier besonders gut zum Vorschein. Denn auch, wenn der Stadtrat den vorgelegten Abwägungen nicht folgen muss, werden diese in der Regel doch genau so angenommen.
  4. Satzungsbeschluss: In den Bebauungsplan wurden die Ergebnisse weiterer Gutachten zur Umsetzung einbezogen. Mit diesem Beschluss erhält der Plan den Status einer Satzung und kann nur durch ein erneutes Bauplanverfahren aufgehoben werden. Zukünftig müssen alle Neubauten diesem Bebauungsplan entsprechen. Bestandsgebäude dürfen bleiben, sofern die Eigentümer dies wollen. Wegen des öffentlichen Interesses kann jedoch ein Eigentümer auch enteignet werden – so geschehen mit dem kleinen Wohnhaus Am Anger.

Zwischen diesen großen Beschlüssen müssen noch viele weitere Schritte unternommen werden. So werden in der Regel Machbarkeitsstudien angefertigt, städtebauliche Wettbewerbe durchgeführt und der Flächennutzungsplan angepasst. Die Insel hat zu beinahe jedem dieser Schritte Aktionen unternommen, um auf die Bedrohung des Projektes hinzuweisen und auf eine Lösung zu drängen. Die langjährigen Auseinandersetzungen sind hier in Kurzform und auch in einer detaillierten Chronik nachzulesen.