Details zum Bauprojekt

Die Infos und Kritiken hier sind auf das Universitätsprojekt begrenzt, weil hauptsächlich dies die Insel betrifft und das Land als Bauträger der Eigentümer der Insel seit 2017 ist.

Was ist genau geplant und warum?

Die Universität begründet das Projekt damit, dass der Raumbedarf nicht gedeckt sei. Zudem sei Bausubstanz oft veraltet. Und eine Konzentration bringe Ersparnisse bei den Mietausgaben. Dabei werden jedoch nur 13 der 135 Liegenschaften aufgegeben. Letztlich geht es um das Profilieren in einem Wettbewerb zwischen den Städten und Universitäten, um die Beteiligung der Exzellenzinititaive des Bundes, um ein Behaupten der Universität in einer spätkapitalistischen Wissenschaftswelt.

  

Collegienhof – der älteste bestehende Teil der Uni Jena

Rechenzentrum – Gemeinsam mit der TU Ilmenau geplant, weil die Technik veraltet sei. Die Abwärme soll für die Beheizung der umstehenden Gebäude genutzt werden – wenigstens das scheint sinnvoll. Denn auch wenn Computerarbeitsplätze im Zentrum wichtig sind, so könnten Serverräume problemlos außerhalb der Stadt stehen.

Institute der Psychologie, Informatik und Mathematik – Die Psychologie braucht nach eigenen Angaben mehr Raum. Warum die anderen Insititute umziehen wollen, ist uns aktuell nicht bekannt.

Naturwissenschaftliche Bibliothek – Welche Teilbibliotheken konkret in diesem Neubau vereint werden sollen, ist bislang nicht veröffentlicht (oder haben wir etwas übersehen?)

Hörsaal und Caféteria – Ein großer Hörsaal, der von vielen genutzt werden kann, soll entstehen. Eine Caféteria wird integriert.

Kleiner öffentlicher Platz – In der Mitte der großen Bauten wird ein kleiner Platz entstehen, vielleicht mit einem Baum und gemütlichen Betonblöcken zum Sitzen. Eine Grünfläche ist nicht geplant. Die Wege werden verkehrsberuhigt sein.

Parkhaus – Die Stadt Jena will ein Parkhaus für 300 oder bis zu 400 Autos bauen. Da das Land die pflichtmäßigen Parkflächen nicht bauen wird, zahlt es der Stadt eine Ablöse von 2,4 Mio €.

Architektur – Gebaut wird in zeitgenössischer Weise. Allein Flachdächer sind zugelassen, als Begründung heißt es im Bebauungsplan, das sei die “zeitgemäße, funktionale und zugleich ökonomische Formensprache. Jegliche Historisierung soll vermieden werden.” Die Flachdächer sollen begrünt werden, was u.a. Vorteile für das Stadtklima bringe.

Finanzierung

Ursprünglich waren 90 Mio. Euro geschätzt, seit 2013 109 Mio. Euro veranschlagt. Seit Ende Januar ist klar, es wird mit 195 Mio. Euro deutlich teurer. (In dem Artikel wird von 79 Mio. gesprochen, tatsächlich sind es wohl 85 Mio.) Der Hauptgrund: Die Finanzkrise brachte die Null-Zins-Politik. Durch die günstigen Kredite wurde die Bauwut gesteigert, nun haben alle Baufirmen so viel zu tun, dass sie ihre Preise steigern können. Das simple Gesetz von Angebot und Nachfrage. Ministerpräsident Bodo Ramelow (LINKE) sagte zuletzt in Jena, dass eine weitere Kostensteigerung das gesamte Projekt gefährden würde.

Die alte Zusammensetzung der Gelder:

  • 62,1 Mio. Euro aus EFRE-Mitteln. Diese EU-Gelder müssen bis 2023 genutzt und abgerechnet sein, sonst verfallen sie. Hieraus entsteht der große zeitliche Druck.
  • ca. 10 Mio. Euro aus Bundesmitteln des Hochschulpaktes 2020
  • 37,7 Mio. Euro aus Landesmitteln.

Die 85 Mio. Euro Differenz muss das Land tragen oder besorgen. Scheinbar wird auf die Aufstockung der EFRE- sowie der Landesmittel gesetzt. Wie die Mehrkosten in der Landespolitik aufgenommen werden, ist uns derzeit noch nicht bekannt, die derzeitige Landesregierung plant noch vor der Landtagswahl den neuen Haushalt zu beschließen.

Das Land argumentierte bislang, dass mit dem Konzentrieren viele verstreute Liegenschaften aufgegeben und somit langfristig unnötig teure Mieten entfallen würden. Zudem sollen die leer gezogenen eigenen Liegenschaften meistbietend verkauft werden, wie es das Land wegen der Refinanzierung des Klinik-Neubaus bereits schon tut.

Der Thüringer Rechnungshof kritisierte übrigens 2016 das Projekt. Es sah die vielen Steuergelder nicht effektiv eingesetzt, die Bauanträge seien nicht ausreichend begründet. Hinterfragt wurde der Sinn allgemein wegen der rückläufigen Studierendenzahlen und der erwartbaren demographischen Entwicklung. Stadt und Land widersprachen, die Zukunftsfähigkeit eines Projektes habe die Politik einzuschätzen, nicht der Rechnungshof.

Die zukünftigen Bauflächen (ca. 10.000 m²) kaufte das Land der Stadt übrigens für ein Schnäppchen: 3,6 Mio Euro. Ursprünglich war ein Flächentausch mit der Bachstraße versprochen. Davon trat das Land zurück und wird es (wenn überhaupt) meistbietend verkaufen. Die Stadt Jena ist darüber wohl etwas verstimmt.

Zeitschiene

Das ist ganz großes Kino – so wie bei den meisten Großbauprojekten:

2012 war der Bebauungsplan gerade auf den Weg gebracht. Die Finanzierung war noch nicht geklärt. Doch das Rechenzentrum sei schon sicher. Der damalige Finanzminister Wolfgang Voß (CDU) sagte dazu: “Das ist beschlossen und finanziert. Ab nächstes [sic!] Jahr drehen sich die Kräne.”

2013 versprach die Stadtverwaltung dann, man beginne 2015 zu bauen.

2015 verkündet OB Albrecht Schröter (SPD), spätestens im Frühjahr 2018 werde mit Bauen begonnen und 2020 sei das Projekt fertig.

2016 wird von der Eile gesprochen, alles umzusetzen.

2017 spricht Wissenschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) davon, es werde 2019 begonnen zu bauen und 2021 könnten die ersten einziehen.

Und nun – Anfang 2019 – heißt es, dieses Jahr würde das Baufeld freigemacht (also die Insel beseitigt), 2020 mit Bauen begonnen und 2023 seien die Gebäude fertig, die von den EU-Mitteln finanziert werden sollen. Und 2024 und 2025 dann die anderen.

Wir dürfen gespannt bleiben…

Entstehungsgeschichte

Nach 1990 wird die Stadt neu geplant, auch der Inselplatz soll eine neue Bebauung erhalten. Viele Jahre wird in Stadtrat und Verwaltung diskutiert. Letztlich wird sich auf ein gemischtes Gebiet mit Wohnungen, Gewerbe, Dienstleistungen und Hotel geeinigt. Nach der Jahrtausendwende wird es ruhig um die Pläne. 2007 nimmt die Stadt die Arbeit daran wieder auf und lobt 2008 einen städtebaulichen Wettbewerb aus, um einen tragbaren Rahmenplan für ein lebendiges innerstädtisches Quartier zu erhalten. Der 2009 gekürte Siegerentwurf wird zur Grundlage der weiteren Planungen – zumindest, was die räumlichen Dimensionen betrifft.

Rahmenplanentwurf von Wick + Partner 2008

Denn 2010 meldet die Universität Interesse an dem Platz an. Zunächst in den Hinterzimmern zwischen Stadtverwaltung, Universität und Landesminiserien besprochen, tröpfeln die Informationen nur langsam in die Öffentlichkeit. Die intrasparente Politik der Stadtverwaltung wird vielfach kritisiert, die FDP reicht im Frühling 2011 sogar einen Beschlussantrag ein, um die Verwaltung dazu zu zwingen, den Stadtrat zu informieren.

Im Sommer 2011 nimmt die Bebauungsplanung ihren Lauf. Nachdem verschiedene Akteure in Stadt und Land ihre Zustimmung zu dem neuen “Campus”-Projekt gegeben haben, beschließt im Dezember desselben Jahres der Stadtrat einen Bebauungsplan aufstellen zu lassen, der die universitäre Nutzung mit ermöglicht. Im gleichen Zeitraum begann die Insel ihre langjährigen Auseinandersetzungen mit der Stadt um den Erhalt des Projektes.

Ernüchternd war es zu beobachten, wie von Beginn an die Bebauung nicht in Hinsicht auf ihre Auswirkungen auf das Stadtgefüge diskutiert wurde. Es wurde weder reflektiert, was das Wegfallen der geplanten Wohnungen in einem damals schon angespannten Wohnungsmarkt bedeuten würde, noch ob in der Innenstadt ein Projekt entstehen sollte, welches am Abend, an Wochenenden und in den Semesterferien faktisch unbelebt ist. Auch die Öffentlichkeit, welche in jenen Jahren aufgrund mangelnder Beteiligung am Eichplatzprojekt dieses schließlich zu Fall gebracht hatte, blieb merkwürdig still. Es schien, als ob der Stadtrat wie die Öffentlichkeit blindlings dem Label der Universitätsstadt folgen und so der Universität unkritisch den roten Teppich ausrollen würden.

Die einzigen Diskussionen, welche über die Auswirkungen der Bebauung am Inselplatz geführt wurden, waren jene, welche die Insel über den Sinn soziokultureller, selbstorganisierter und freier Räume lautstark und anhaltend eingebracht hatten.

Eine Bebauungsplanung ist ein mehrstufiger und langjähriger Prozess. Und so dehnten sich, wie bei allen Großbauprojekten nicht nur die Zeit, sondern auch die Kosten (s.o.). Wir haben jeden Schritt durch Aktionen begleitet und wurden gezwungenermaßen zu Experten auf dem Gebiet der Bebauungsplanung. Es ist durchaus interessant, den Ablauf zu verstehen und die begrenzten Möglichkeiten der Beteiligung zu erkennen. Daher HIER eine kurze Beschreibung.